UNGELIEBTE AUSLANDSTOURISTEN

Ungeliebte Auslandstouristen

Notiert in Tokio

Ungeliebte Auslandstouristen

Von Martin Fritz

Mehr als drei Millionen ausländische Touristen besuchten Japan im März, so viele wie noch nie in einem einzelnen Monat. Nicht selten angelockt vom billigen Yen. Leider benimmt sich ein gewisser Bruchteil dieser Massen nicht so, wie es sich viele Japaner wünschen. An besonders beliebten Orten beklagen Behörden und Bürger schon länger den Übertourismus. Nun werden die ersten Gegenmaßnahmen ergriffen; auch fremdenfeindliche Töne erklingen.

Seit Anfang April warnen mehrsprachige Schilder vor dem Betreten von Privatwegen im Geisha-Viertel Gion in der Stadt Kyoto. Bei Verstoß droht ein Bußgeld von 10.000 Yen (60 Euro). Die Stadt Fujikawaguchiko stellte vor wenigen Tagen einen 20 Meter breiten und zweieinhalb Meter hohen engmaschigen Drahtzaun auf, damit die Touristen den Berg Fuji nicht mehr sehen können. Der Aussichtspunkt wurde in den vergangenen zwei Jahren immer beliebter, weil der majestätische Vulkan bei klarem Wetter auf dem Dach eines Minisupermarktes zu sitzen scheint. Das Fotomotiv für Instagram gilt daher als „besonders japanisch“. Ausländische Touristen quetschten sich ständig auf den schmalen Bürgersteigen an einer zweispurigen Straße herum, parkten die Zahnarztpraxis nebenan zu und hinterließen bergeweise Müll. Eine drei Meter breite Stahlbarriere hindert die Touristen, welche die perfekte Fotoposition suchen, nun am Überqueren der Straße vor dem Supermarkt.

„Lernen Sie Japanisch!“

Die Flut der Ausländer stößt auch einigen kleinen Restaurants sauer auf, die sich anscheinend überfordert fühlen. Ein Restaurant in Kyoto hängte ein Hinweisschild an seine Tür, dass das Personal nur Japanisch spricht. Wer diese Sprache nicht beherrsche, solle woanders hingehen. Ein anderer Restaurantchef beschwerte sich auf Twitter über „weiße“ Gäste, die nach einer englischen Speisekarte gefragt hätten. Nach eigener Aussage antwortete er ihnen: „Wir sind hier in Japan. Wenn ich in ein englischsprachiges Land reisen würde, würde ich Englisch sprechen. Wenn Sie in Japan sind, lernen Sie Japanisch.“ Damit löste er einen Shitstorm aus, der den Betreiber nach eigenen Worten so stresste, dass er sein Restaurant vorübergehend schließen musste.

Während die Touristenmassen unbeabsichtigt die Fremdenfeindlichkeit schüren, sind viele Restaurants auf ausländische (!) Arbeitskräfte angewiesen. Daher warb eine Filiale der Coffee-Shop-Kette Komeda auf rührende Weise um Verständnis: „Wenn Sie bedenken, welche unglaubliche Anstrengung und Entschlossenheit es erfordert, sich in einem fremden Land so zu bemühen, als wäre es das eigene, werden Sie sicher verstehen, welch tiefes Engagement sie mitbringen, um hier zu sein. Einige unserer Mitarbeiter haben sich bereits gut eingelebt, während andere ihre erste Stelle im Komeda Coffee Shop antreten. Manche sind vielleicht noch nervös und können sich noch nicht so gut unterhalten. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie ihnen mit Wärme und Freundlichkeit begegnen könnten.“ Hier traf jemand den richtigen Ton.

2024-05-06T12:08:20Z dg43tfdfdgfd